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Übung 3

Wer programmiert für wen?


zur übung

methodenbeschreibung

Kurzdefinition

Wer schreibt Wikipedia-Einträge und wer programmiert unsere Dating-App? In mehreren Stationen schauen die Teilnehmer*innen hinter den Vorhang der vermeintlich neutralen digitalen Technologien. Sie gehen auf die Suche danach, wer programmiert und für wen Apps ausgelegt sind.

Methode: Stationen-Methode
Zeitaufwand: 75 Minuten
Zielgruppe: ab Klasse 10, außerschulische Jugendgruppen, junge Erwachsene
Gruppengröße: 8 – 30 Teilnehmer*innen
Arbeitsmaterial: h5p-Präsentation („Galerie“) mit Materialien und Aufgaben zu vier Themen (die vier Stationen beinhalten Bilder, Texte und einen Audio-Beitrag)
Präsenz-Format (Material): mind. vier Tablets/ Laptops mit Internet für im Raum verteilte Tische mit Stühlen für Kleingruppen
Online-Format (Technische Voraussetzungen): Videokonferenz-Tool mit Funktion für Breakoutsessions
Teamer*innen: 2 Teamer*innen
Komplexität: Als Grundlage sollte die Einstiegsmethode „Begriffs-Musikstühle“ durchgeführt werden um grundlegende Begriffe zu klären Es ist von Vorteil, wenn die Teilnehmer*innen mit der Nutzung von Apps sowie Social Media vertraut sind. Je nach Zielgruppe ist zu entscheiden, ob die Texte um Details gekürzt werden um die Komplexität zu reduzieren. Für jüngere Zielgruppen sollten Teamer*innen komplexere Passagen auch in einfachere Sprache umformulieren.

Ziele

Die Teilnehmer*innen entwickeln ein Verständnis dafür, wie digitale Technologien aus dem Alltag funktionieren und reflektieren, dass Technologie nicht neutral ist. Sie lernen Beispiele kennen, in denen Gender-Normen sowie sexistische und rassistische Stereotype die Gestaltung digitaler Angebote prägen. Sie erkennen, dass globale Machtverhältnisse die digitalen Medien beeinflussen.

Die Teilnehmer*innen werden dafür sensibilisiert, dass die kennengelernten digitalen Angebote nicht per se positiv oder negativ sind. Stattdessen lernen sie sich mit den Hintergründen der Gestaltung und Nutzung auseinanderzusetzen. Dies befähigt sie, die eigene Nutzung digitaler Technologien kritisch zu reflektieren.

Ablauf

Die Übung besteht aus Materialien zu vier Themen („Stationen“):

  • Dating-Apps
  • Zyklus-Apps
  • Wikipedia-Einträge
  • Content Moderation bei Instagram

Zu Beginn erklärt der*die Teamer*in den Ablauf der Methode: Die Übung besteht aus drei Phasen, die die Teilnehmer*innen alle in einer gleich bleibenden Kleingruppe bearbeiten. Die Teilnehmer*innen suchen sich zwei Stationen aus, die sie nacheinander bearbeiten. In der dritten Phase vergleichen sie die kennengelernten Inhalte der Stationen und diskutieren anhand von Leitfragen.

Vorbereitung

Die*der Teamer*in baut an vier im Raum verteilten Tischen die Stationen auf. Bei mehr als 20 Teilnehmer*innen sollten die Stationen doppelt angeboten werden (8 Tische), damit die Teilnehmer*innen in Kleingruppen von 3 bis 5 Personen arbeiten können. Die Station „Zyklus-Apps“ wird neben einem Tablet/ Laptop auch mit Lautsprechern ausgestattet. Bei kleinen Räumen können die Teilnehmer*innen das Audio auch mit Kopfhörern auf ihren Handys hören.

Wenn die Teilnehmer*innen nicht an allen Stationen mit Tablets/ Laptops/ Smartphones arbeiten (können), legt die*der Teamer*in an der Station jeweils die ausgedruckten Folien aus.

Die*der Teamer*in kann die Fotos aus der Präsentation zusätzlich vergrößert ausdrucken und bei den Stationen auslegen/ aufhängen.

Durchführung

1. Phase: Station 1 (20 Minuten)

Die Teilnehmer*innen entscheiden mit welcher Station sie jeweils beginnen möchten und finden sich dort in Kleingruppen von max. 5 Personen zusammen (Anregungen s. Fallstricke). Jede Kleingruppe bekommt ein Flipchart und Stifte. Die Teilnehmer*innen haben nun 20 Minuten Zeit um sich mit den Materialien auseinanderzusetzen. Zu den Texten gibt es an jeder Station spezifische Aufgabenstellungen und Leitfragen, zu denen sich die Teilnehmer*innen austauschen sollen und Stichpunkte auf dem Flipchart festhalten. Das Flipchart wird nicht präsentiert, es dient der Gruppe als gemeinsamer roter Faden durch die drei Phasen. Dieser kann im Abschlussmodul wieder aufgegriffen werden.

2. Phase: Station 2 (20 Minuten)

Nach 20 Minuten gibt die*der Teamer*in ein (akustisches) Signal und die Kleingruppe sucht sich nun gemeinsam eine neue Station (pro Station nur eine Kleingruppe). Der Ablauf wiederholt sich.

Nach 20 Minuten beendet die*der Teamer*in die ersten beiden Phasen, in denen die Kleingruppen die Beispiele kennenlernen. Die Kleingruppen machen eine kurze Pause und finden sich in der gleichen Konstellation an ihrem Tisch für die dritte Phase zusammen.

3. Phase: Stationen diskutieren (20 Minuten)

Die*der Teamer*in teilt nun ein Arbeitsblatt mit Leitfragen für die dritte Phase aus. In der dritten Phase haben die Teilnehmer*innen 20 Minuten Zeit, um sich über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden kennengelernten Beispiele auszutauschen. Sie besprechen, was sie persönlich an den Themen bewegt und können ihre Meinungen diskutieren. Sie müssen nicht alle Fragen beantworten, sondern entscheiden, was sie besprechen möchten. Ihre Antworten sollen sie gemeinsam stichwortartig auf dem Flipchart festhalten.

Leitfragen für ein Arbeitsblatt (können Teamer*innen erstellen):

  • Benutzt ihr in eurem Alltag solche oder ähnliche Anwendungen? Wenn ja: Warum findet ihr das praktisch oder unterhaltsam? Wenn nein: Warum nicht?
  • Ihr habt zwei unterschiedliche Beispiele kennengelernt – Gibt es trotzdem Gemeinsamkeiten oder ähnliche Probleme/ Herausforderungen? Wenn ja benennt sie.
  • Seht ihr die Probleme/Herausforderungen in der Technologie (App, Social Media, Online-Enzyklopädie) oder in anderen Bereichen?
  • Können alle Menschen auf der Welt digitale Technologien gleichermaßen benutzen?
  • Ist es gerecht, wer die Angebote programmiert/ schreibt?
  • Diskutiert: Wie würdet ihr Instagram, Apps und Wikipedia gestalten? Kennt ihr Beispiele, die ihr für euch passender, besser oder gerechter findet?

Nach 20 Minuten beendet der*die Teamer*in die Kleingruppenphase und alle Teilnehmer*innen kommen im Stuhlkreis zusammen.
Die*der Teamer*in kündigt gegebenenfalls an, dass die Teilnehmer*innen im Abschlussmodul zu dem Thema weiterarbeiten können und z.B. selbst einen Blogeintrag schreiben, eine Foto-Story oder einen Podcast erstellen können.

Durchführung in Online-Formaten

Die*der Teamer*in erklärt den Ablauf der Übung und zeigt über den geteilten Bildschirm, wie die Teilnehmer*innen die Präsentation öffnen und zu den jeweiligen Stationen gelangen.

1. Phase: Station 1 (20 Minuten)
Die*der Teamer*in erstellt vier Breakoutsessions, denen die Teilnehmer*innen selbst beitreten können (sofern möglich im Videokonferenz-Tool). Das heißt in jeder Phase steht eine Breakoutsession für die jeweils gleiche Station (Session 1: Dating-Apps, Session 2: Zyklus-Apps etc.). Die Teilnehmer*innen entscheiden mit welcher Station sie jeweils beginnen möchten und treten der entsprechenden Breakoutsession bei (max. 5 Personen, Anregungen s. Fallstricke).
Die Teilnehmer*innen haben nun 20 Minuten Zeit um sich mit den Materialien auseinanderzusetzen. Zu den Texten gibt es an jeder Station spezifische Aufgabenstellungen und Leitfragen, zu denen sich die Teilnehmer*innen austauschen sollen. Sie sollen sich handschriftlich Notizen machen, die ihnen als Erinnerung für die dritte Phase dienen.

2. Phase: Station 2 (20 Minuten)
Nach 20 Minuten enden die Sessions und die Teamer*in fragt, ob es Unklarheiten oder Probleme gibt. Die*der Teamer*in startet nun nochmal neue Räume. Die Teilnehmer*innen entscheiden sich für eine neue Station und treten dem entsprechenden Raum bei. Der Ablauf wiederholt sich.
Nach 20 Minuten beendet die*der Teamer*in die ersten beiden Phasen, in denen die Kleingruppen die Beispiele kennengelernt haben. Die Teilnehmer*innen machen eine kurze Pause.

3. Phase: Stationen diskutieren (20 Minuten)
Die*der Teamer*in teilt nun im Chat ein Etherpad mit Leitfragen für die dritte Phase. In der dritten Phase haben die Teilnehmer*innen 20 Minuten Zeit, um sich über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden kennengelernten Beispiele auszutauschen. Sie besprechen, was sie persönlich an den Themen bewegt und können ihre Meinungen diskutieren. Sie müssen nicht alle Fragen beantworten, sondern entscheiden, was sie besprechen möchten. Ihre Antworten sollen sie gemeinsam stichwortartig in dem Etherpad festhalten. Die*der Teamer*in startet erneut Breakoutsessions. Die Teilnehmer*innen treten dem Raum bei, in dem sie bereits in der zweiten Phase waren.

Leitfragen für das Etherpad:

  • Benutzt ihr in eurem Alltag solche oder ähnliche Anwendungen? Wenn ja: Warum findet ihr das praktisch oder unterhaltsam? Wenn nein: Warum nicht?
  • Ihr habt zwei unterschiedliche Beispiele kennengelernt – Gibt es trotzdem Gemeinsamkeiten oder ähnliche Probleme/ Herausforderungen? Wenn ja benennt sie.
  • Seht ihr die Probleme/Herausforderungen in der Technologie (App, Social Media, Online-Enzyklopädie) oder in anderen Bereichen?
  • Können alle Menschen auf der Welt digitale Technologien gleichermaßen benutzen?
  • Ist es gerecht, wer die Angebote programmiert/ schreibt?
  • Diskutiert: Wie würdet ihr Instagram, Apps und Wikipedia gestalten? Kennt ihr Beispiele, die ihr für euch passender, besser oder gerechter findet?

Nach 20 Minuten beendet der*die Teamer*in die Kleingruppenphase und alle Teilnehmer*innen kommen im Hauptraum für die Reflexion zusammen.
Die*der Teamer*in kündigt gegebenenfalls an, dass die Teilnehmer*innen im Abschlussmodul zu dem Thema weiterarbeiten können und z.B. selbst einen Blogeintrag schreiben, eine Foto-Story oder einen Podcast erstellen können.

Diskusssion und Reflexion

Anschließend leitet der* die Teamer*in anhand folgender Fragen eine Auswertung der Methode von circa zehn Minuten an. Die Reflexion findet im Plenum statt: Alle Teilnehmer*innen sitzen im Kreis und der*die Teamer*in stellt die Fragen in die Runde. Die Teilnehmer*innen, die möchten, können sie beantworten. Es ist auch möglich kurze Blitzlichtrunden zu machen, in denen alle Teilnehmer*innen zu Wort kommen.

Fragen:

  • Was hat euch überrascht?
  • Welche der Probleme oder Herausforderungen kanntet ihr bereits?
  • Welche Diskriminierungen bzw. Ungleichheiten habt ihr bei den jeweiligen Beispielen kennengelernt?
  • Habt ihr diskutiert, was eurer Meinung nach anders sein sollte bei der Gestaltung der Apps?

Fallstricke

  • Es kann gegebenenfalls sinnvoll sein, die Kleingruppen nach Geschlechtern zu trennen (z.B. Gruppen für cis-Frauen, Trans-, Inter- und nicht binäre Personen und Gruppen für cis-Männer). Das kann den Teilnehmer*innen einen sichereren Austauschraum öffnen, in dem Meinungen und ggf. Erfahrungen eher geteilt werden. Die Teilnehmer*innen sollten sich unbedingt selbst den Gruppen zuordnen und die Teamer*in sollten intervenieren, wenn die Zuordnung in Frage gestellt wird. Je nach Gruppe könnte auch angeboten werden, dass schwule, lesbische und queere Personen in eine gemeinsame Gruppe gehen, um einen geteilten Erfahrungsraum bezüglich von Homofeindlichkeit zu schaffen.
  • Die Problematisierung der Apps und Sozialen Medien kann dazu führen, dass die Teilnehmer*innen die Aktivität an sich (via App daten, Bilder und Meinungen posten etc.) negativ bewerten oder das Gefühl bekommen, das ein Verzicht die vermeintlich einzige richtige Lösung sei. Die Teamer*in sollten die Aktivitäten bewusst positiv einführen: Daten kann Spaß machen und eine Tracking-App helfen, den eigenen Körper besser kennenzulernen. Statt moralisch zu urteilen, sollte die*der Teamer*in die Teilnehmer*innen darin unterstützen, Optionen und Voraussetzungen für einen bewussten und (selbst)verantwortlichen Umgang kennenzulernen. Die*der Teamer*in kann darüber hinaus alternative Apps vorstellen/ die Teilnehmer*innen ermutigen sich im Abschlussmodul näher damit zu befassen.
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